RUBY SPARKS zündet tatsächlich

RUBY SPARKS – Bundesstart 29.11.2012

„Jeder Autor kann es bestätigen: Im besten und glücklichsten Moment kommen die Worte nicht von dir, aber durch dich. So kam sie zu mir vollkommen aus sich selbst heraus, ich hatte nur das Glück, da zu sein, um sie zu halten.“

Postermotiv, Copyright 20th Century Fox / Fox Searchlight

Jonathan Dayton und Valerie Faris haben das letzte Mal bei LITTLE MISS SUNSHINE zusammen Regie geführt. Ein kleiner, unabhängiger Film, der mit sehr viel Witz und noch mehr Tiefgang gefüllt war. Beste Voraussetzungen für einen Fantasy-Film, bei dem die Fantastikmomente allerdings in den Hintergrund gestellt werden müssen. Zoe Kazan, Enkelin des großen Regisseurs, hat das Drehbuch für RUBY SPARKS geschrieben. Keine leichte Geschichte, wenn man die eigentliche Ausgangsituation betrachtet. Aber mit dem richtigen Gespür für Geschichte und Gefühl und auch den richtigen Darstellern funktioniert so etwas. Und zum Glück haben Dayton und Faris gleich Zoe Kazan mit für die Hauptrolle verpflichtet.

Calvin Weir-Fields hat eine Schreibblockade. In sehr jungen Jahren verfasste er mit seinem Debut einen Weltbestseller, und dessen Erfolg lässt ihn seit Jahren tatenlos vor seiner Schreibmaschine sitzen. Selbst ausführliche Therapiesitzungen zeigen sich wirkungslos. Paul Dano verkörpert mit seiner Mischung aus Erwachsenem mit jugendlichem Charme und noch nicht ausgereifter Lebenserfahrung einen idealen Calvin. Ein intensiver Traum bringt Calvin dazu, das Wesen einer für ihn perfekten Frau niederzuschreiben. Und plötzlich hat der Schriftsteller seine lang ersehnte Geschichte über die lebenslustige und einfühlsame Ruby Sparks, die einfach zu hübsch ist, um wahr zu sein. Calvins Bruder Harry zeigt sich als Probeleser allerdings eher unbeeindruckt, weil bei der Geschichte nichts rüberkomme. Was sich als ganz falsch herausstellt, weil einen entsetzten Calvin zu Hause eine strahlende Ruby erwartet. Nur dass Ruby keine Ahnung hat, ein Produkt der Fantasie zu sein.

Ganz behutsam geht die Regie mit ihren Figuren um, aber auch mit dem Zuschauer. In RUBY SPARKS geht es um Liebe und Vertrauen, aber auch um die dunkleren Seiten einer Beziehung. Wenngleich das fantastische Element Auslöser und Träger des Films ist, soll es nicht den Grundtenor bestimmen. Drehbuch und Regie verzichten vollkommen auf eine mögliche Erklärung für das, was Calvin mit seiner Schreibmaschine anstellen kann. Und tatsächlich vermisst man diese Erklärung auch gar nicht. Mit diesem Verzicht bleibt die Geschichte ehrlicher gegenüber dem Zuschauer, weil sie sich so auf den Kern konzentrieren kann. Ruby Sparks ist als Person ehrlich und natürlich, weil Calvin sie so idealisiert geschrieben hat, so funktioniert ihre Beziehung auch perfekt. Soweit ist der Film eine heitere Geschichte, mit viel Witz, manchmal etwas übertrieben, oft aber auch nuanciert. Die Beziehung ist poetisch und romantisch, ergibt sich aber niemals dem Kitsch. Bis Calvin sich als typischer Mann fragt, was man mit seinem Werkzeug eigentlich alles so anstellen kann. Rubys unbeeinflusster Charakter und ihr freier Wille kamen von Calvins eigentlich viel zu ungenauen Beschreibung seiner Titelfigur.

Die zweite Hälfte ist bei weitem nicht mehr so unbeschwert, und harmonisch schon gar nicht mehr. Der Film beginnt elementare Fragen zu stellen über zwischenmenschliche Beziehungen und die männliche Dominanz.  Calvin ist dabei, alles zu vernichten, was sein Leben vorher so wunderbar machte. Allerdings nicht ohne seine heitere Note zu verlieren. Auch wenn es dramatischer wird, finden die Macher immer wieder angemessene Momente, die Spannung zu lösen, letztendlich will RUBY SPARKS eben kein Drama sein. Die Ausgewogenheit zwischen leichter (nicht seichter) Unterhaltung und ansprechenden dramatischen Szenen kann nur mit einem Ensemble wie diesem so ausgezeichnet funktionieren. Das Drehbuch hat schließlich auch die Wichtigkeit von Nebenfiguren berücksichtigt. Bennings und Banderas‘ Rollen als Mutter und ihr Lebenspartner hätten so leicht ins Kauzige abdriften können, und der bisher kaum aufgefallene Chris Messina als Bruder Harry ist ebenso hervorragend geschrieben wie gespielt. Es ist ein durchweg unterhaltsamer und auch ehrlicher Ausblick auf die Funktionsweisen von Beziehungen. Auch wenn diese fantastischen Ursprungs sein mögen. Aber sind Beziehungen nicht grundsätzlich etwas Magisches?

Zoe Kazan und Paul Dano, mit Scotty, Copyright 20th Century Fox / Fox Searchlight

Darsteller: Paul Dano, Zoe Kazan, Chris Messina, Alia Shawkat, Elliott Gould, Annette Benning, Antonio Banderas, Steve Coogan  u.a.
Regie: Jonathan  Dayton, Valerie Faris
Drehbuch: Zoe Kazan
Kamera: Matthew Libatique
Bildschnitt: Pamela Martin
Musik: Nick Urata
Produktionsdesign: Judy Becker
USA / 2012
zirka 104 Minuten

Bildquelle: 20th Century Fox / Fox Searchlight
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Im Kino gesehen abgelegt und mit , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar