DIE UNFASSBAREN – NOW YOU SEE ME

NOW YOU SEE ME – Bundesstart 11.07.2013

now-you-see-me-03, opyright Concorde Filmverleih / Summit Entertainment

Das alte Spiel mit Illusion und Täuschung, mit dem Offensichtlichen und dem Unscheinbaren. Das letzte Mal hat Christopher Nolan mit PRESTIGE das Publikum mit der Faszination für Magie verzaubert. Jetzt geht es hipper, lauter und exzessiver auf die Bühne. War Nolans Film noch ganz der Auseinandersetzung mit der Illusion gewidmet, wendet sich Louis Leterriers NOW YOU SEE ME stärker dem ausgeklügelten Plot eines ins Detail geplanten Raubüberfalles zu. Es ist sozusagen RIFIFI, nur mit wesentlich mehr Dialog und noch viel lauterer Musik. Und mit einem derartigen Ensemble kann man nichts falsch machen, müsste man meinen. Vier mehr oder weniger talentierte Magier mit Taschenspielertricks, werden von einem Unbekannten zusammengebracht. Und schon ein Jahr später stehen sie vereint als die „Vier Reiter“ auf einer ganz großen Bühne, vor einem noch größeren Publikum in Las Vegas. Mit einer spektakulären Illusion, mit der sie angeblich von der Bühne in Las Vegas aus, eine Bank in Paris ausrauben, bringen sie FBI und Interpol gegen sich auf. Aber Paris war erst das „Versprechen“, der erste Akt eines auf drei Shows ausgelegten Coup.

anz nach Nolans PRESTIGE, ist auch der der Plot von NOW YOU SEE ME auf jene drei Akte in der Kunst der Illusion ausgelegt. Das „Versprechen“ bereitet das Publikum auf das vor, was es erwarten kann. Die „Wendung“ zeigt dem Publikum etwas, mit dem es niemals gerechnet hat. Das „Prestige“ schließlich, soll alles übertreffen, was das Publikum erwartet hat. Genau die Geschichte, auf welche die „Vier Reiter“ hinarbeiten. Mit dem FBI im Nacken, bereiten sie sich auf ihre zweite Show in New Orleans vor. Doch was können die Gesetzeshüter machen? Denn um ernsthaft gegen die „Vier Reiter“ vorzugehen, müssten die Offiziellen zugeben, dass beim Raub aus der Pariser Bank tatsächlich Zauberei am Werk gewesen sein muss. Eine Zwickmühle die den weiteren Verlauf des Vorhabens entscheidend beeinflusst. Oder wie meinen die Illusionisten immer wieder: „Wenn du zu nahe dran bist, verlierst du den Blick für das Wesentliche“.

Man muss den drei Autoren zugestehen, dass sie exzellent die Handlung in den Kontext einer Bühnenshow einpassen. Wenn die Figuren zur Vorsicht gemahnen, Warnungen, oder gar Drohungen gegeneinander aussprechen, dann ist das gleichzeitig ein Dialog zwischen Film und dem Zuschauer: „Je näher du glaubst zu sein, desto weniger wirst du sehen.“ Das macht den Film spannend, und bindet sein Publikum. Es muss einen fünften „Reiter“ geben, aber wer sollte das sein? Dem Gespann von liebenswerden Ganoven, setzen die Autoren einige Figuren mehr entgegen, die gleichzeitig Widersacher, aber auch Drahtzieher sein könnten.

Das Ensemble ist fantastisch. Eine geballte Ladung so namhafter Leute, das verspricht nicht nur einiges, sondern kann es auch halten. Lediglich Michael Caine und Morgan Freeman werden von ihren Rollen merklich unterfordert. Sie neigen zum Stichwortgeber, die dem Zuschauer in der Handlung weiterhelfen. Aber das Dreigespann Eisenberg, Harrelson und Fisher funktioniert mit ihren unterschiedlichen Zeichnung hervorragend. Als vermeintliches Bauernopfer, reiht sich der eher unbekannte Dave Franco wunderbar in diese Gruppe ein. Als Gegenspieler erreichen die Agenten Ruffalo und Laurent kaum die Sympathiewerte der Illusionisten. Dadurch wird allerdings zusätzliche Spannung aufgebaut, denn irgendwo im Hintergrund lauert noch ein Freund oder Feind, je nach Ansichtssache.

NOW YOU SEE ME könnte der perfekte Illusionisten-Streich sein, mit dem Touch der ebenso perfekten Räuber-Ballade. Die Geschichte ist sehr klug und gut durchdacht. Aber Louis Leterrier wollte seinem Publikum etwas beweisen. Er wollte einen Film inszenieren, der voll dem Zeitgeist entspricht. Dazu gehört auch, dass Brian Tylers Musik voll und ganz als Hommage an die Diebeshymnen der Siebzigerjahre angelegt ist. Doch Leterrier wollte von all dem etwas zu viel, und so legt NOW YOU SEE ME von Anfang an ein Tempo vor, das er zwar beibehalten kann, aber zum Ende nicht nochmal erhöhen kann, was für einen wirklichen Showdown von Nöten gewesen wäre. Dadurch verflacht die Spannungskurve merklich. Seltsamerweise wirft dies für den Handlungsverlauf mehr Fragen von Sinn und Logik auf, als es dem Film gut tut. Denn nach wie vor arbeitet der Film mit den Mitteln einer Bühnen-Illusion, ohne diese grundsätzlich zu berücksichtigen. Es heißt immer so schön, dass man das Wesentliche nicht sieht, wenn man zu nahe ist. Dadurch, dass der Film sein narratives Tempo nicht mehr erhöhen kann, distanziert sich der Zuschauer im dritten Akt etwas vom Ablauf. Und er ist nicht mehr nah genug, um den Blick auf das Wesentliche zu verlieren, sondern Diesem ungehindert seine Aufmerksamkeit widmen kann.

NOW YOU SEE ME ist ein akustisch und visuell überfrachtetes Erlebnis, das sehr viel mit den Mechanismen einer Show in Las Vegas arbeitet. Doch Film funktioniert eben etwas differenzierter, und so entlarven die Macher ihre eigenen Intentionen. Mit seinen nie enden wollenden Kamerafahrten, unentwegten Bewegungen und Brian Tylers aufputschender Musik, ist NOW YOU SEE ME ein Paradebeispiel von manipulativer Kinounterhaltung. Inwieweit der Film als gelungene Unterhaltung funktionieren wird, bleibt im Auge des Betrachters. Gerade im letzten Akt, steht dem Film die große Zerreißprobe zwischen genialer Unterhaltung und halbseidenem Krawall an. Aber so kann man NOW YOU SEE ME eben auch sehen. Man kann als Zuschauer das Spektakel genießen, oder die Illusion hinterfragen. Geht man nicht in eine Show, um sich verzaubern zu lassen? Wenn der Magier mit Unstimmigkeiten allerdings selbst zum hinterfragen auffordert, dann hat das Prestige nicht wirklich funktioniert.

Now-you-See-Me-04, Copyright Concorde Filmverleih / Summit Entertainment

Darsteller: Jesse Eisenberg, Mark Ruffalo, Woody Harrelson, Isla Fisher, Dave Franco, Mélanie Laurent, Morgan Freeman, Michael Caine u.v.a.
Regie: Louis Leterrier
Drehbuch: Ad Solomon, Boaz Yakin, Edward Ricourt
Kamera: Mitchell Amundsen, Larry Fong
Bildschnitt: Robert Leighton, Vincent Tabaillon
Musik: Brian Tyler
Produktionsdesign: Peter Wenham
USA / 2013
zirka 115 Minuten

Bildquelle: Concorde Filmverleih / Summit Entertainment
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