Disney+: DIE GUTE FEE

Godmothered 1 - Copyright DISNEY ENTERPRISESGODMOTHERED
– DISNEY+ – 04.12.2020

In der Flut gut gemeinter, leidlich origineller, einfach produzierter, und leicht zu vergessenden Weihnachtsfilmen, darf die weltgrößte Emotionsmaschinerie natürlich nicht fehlen. Und Disney enttäuscht nicht. Nein, sie gehen sogar einen großen Schritt weiter, und mischen die weihnachtliche Stimmung mit allerlei anderen Versatzstücken von ansehnlicher Unterhaltung. Da wäre der Märchenfilm, die Beziehungskomödie, das Erwachsenwerden. Daraus hat Sharon Maguire, die sich hauptsächlich mit zwei Bridget Jones-Filmen bekannt machte, den vielversprechenden GODMOTHERED gezaubert. Eine vernünftige Übersetzung des Titels ist leider kaum möglich, aber ausnahmsweise zielführend vereinfacht eingedeutscht. Fehlt eigentlich nur, dass die Prämisse hält was sie verspricht.

Da ist die Gute Fee, Eleanor, voller Enthusiasmus, aber ungeschickt. Es gibt das kleine Mädchen, Mackenzie, die eine gute Fee wirklich braucht. Und es gibt den traurigen Plot, dass das Feenland geschlossen wird, weil es keine Mädchen mehr gibt, die eine Gute Fee brauchen. Eins und eins plus eins ergibt, dass Eleanor sich um den letzten verbliebenen Fall von ersuchter Hilfe kümmert, damit das Feenland bestehen bleibt. Vom Feenland geht es für Eleanor direkt ins Boston der realen Welt. Nur das dieser letzte, unbearbeitete Fall schon Jahr alt, und Mackenzie bereits erwachsen ist, und selbst mit zwei Kindern gesegnet wurde.

Das hört sich alles sehr altbacken und bekannt an, ist es aber auch. Die Handlung ist so vorhersehbar, dass jede Überraschung, oder gut gemeinte Wendung einfach nicht wie angedacht funktioniert. Und das ist auch gut so. Seit dem Tod ihres Mannes hat Mackenzie jede Lebensfreude verloren. Und dass ihr adretter Kollege mit Nachnamen Prince heißt, wird höchstens Achtjährige noch erfreuen können. Auf alle Fälle sieht Eleanor immensen Handlungsbedarf, und damit eine Hoffnung für das Feenland.

Sehr gute Komödien gestalten sich daraus, dass man sie mit hinlänglich bekannten und abgedroschenen Versatzstücken versieht, um genau diese dann vollkommen auf den Kopf zu stellen. Eleanors naives und ungeschicktes Wesen ist ihrem Ansinnen nicht immer förderlich, und darauf hin ist die gesamte Struktur der Erzählung aufgebaut. Es scheint ein vielversprechender aussichtsloser Kampf zwischen glattgebügeltem Märchenidyll und modernen Attributen. Und wenn man denkt, dass dabei nicht sehr viel falsch laufen kann, dann hat man sich eben geirrt.

DIE GUTE FEE ist ein sehr gutes Beispiel, wie weit man an einem Ziel vorbeischießen kann, wenn man die Augen verschlossen hält. In diesem Fall hat Sharon Maguire den Blick für das Wesentliche verloren. Es ist die Komödie mit den gegen den Strich gebürsteten Elementen. Selbst in der Vorhersehbarkeit bleibt die Inszenierung dem Offensichtlichen verhaftet. So locker und unbeschwert Jillian Bell ihre Eleanor auch spielt, so schnell beginnt sie zu nerven.

Godmothered 4 - Copyright WALT DISNEY PICTURES

 

Die meisten Pointen verlieren sich in hysterischem Gekreische, Eleanors Unbeholfenheit ist viel zu stark aufgetragen, und Situationskomik ergibt sich nicht aus dem normalen Fluss der Handlung, sondern wird aufdringlich auf den Gag hin inszeniert. Leider widerfährt ähnliches Schicksal auch Isla Fisher, deren Charakterinszenierung sich nach den Erfordernissen richtet, und sich eben nicht natürlich aus der Figur heraus entwickelt.

Es gibt immer wieder gut platzierte Lacher. Selten tiefgründig, aber stets wirkungsvoll. Auch wenn so mancher Gag dann doch nicht richtig zünden will, liegt das selten an der Originalität als an der Inszenierung. Eine stimmige Atmosphäre kann Maguire dabei nicht erzeugen, weil sie humoristischen Sequenzen mit emotionalen Tiefgängen auf gleich überzogenen Niveau hält, und unentwegt gegeneinander stellt. Am Punkt, wo die Geschichte zu Ende erzählt ist, hat DIE GUTE FEE noch eine Laufzeit von zirka fünfzehn Minuten. Das ist definitiv zu lang für einen Film, der nicht darauf konzipiert ist, erwachsene Zuschauer gleichermaßen zu unterhalten. Wenngleich der Hintergrund mit dem Quoten versessenen Fernsehsender, für jüngere Zuschauer nicht leicht verständlich ist.

Thematisch hätte DIE GUTE FEE sehr viel geben können. Ansätze sind immer wieder vorhanden, wie der Verlust eines geliebten Menschen, oder emotionale Unsicherheiten beim Erwachsen werden. Auch die Notwendigkeit einmal los zu lassen, anstatt gegen den Kontrollverlust zu kämpfen. Anstatt sich tiefergehend mit einem Charakter zu befassen, wirft das Drehbuch mehr und mehr dieser zu bewältigenden Probleme in den Handlungsverlauf. Sharon Maguire geht dabei sehr in die Breite, aber kaum in die Tiefe.

Für Disney affine Junggebliebene gibt es immer wieder kleine, meist versteckte Anspielungen auf andere Märchenfilme und ikonografische Bildmotive. Diese bleiben allerdings unbestimmt und werden nie handlungsrelevant. So kann DIE GUTE FEE im Überblick auf viele gute Ideen, bestens aufgelegte Darsteller, und eine tadellos technische Umsetzung verweisen. Zu einem homogenen Ganzen wird dies allerdings nicht. Bestenfalls ist DIE GUTE FEE ein wohlgemeinter Zeitvertreib, der sich jedoch jeder Nachhaltigkeit verschließt.

Godmothered 3 - Copyright DISNEY ENTERPRISES

 

Darsteller: Jillian Bell, Isla Fisher, Santiago Cabrera, Mary Elizabeth Ellis, Jillian Shea Spaeder, Willa Skye, June Squibb, Jane Curtin u.a.
Regie: Sharon Maguire
Drehbuch: Melissa K. Stack, Kari Granlund
Kamera: Christopher Norr
Bildschnitt: Gary Dollner
Musik: Rachel Portman
Produktionsdesign: Charlie Daboub, Kristin Lekki, Paul Richards
USA / 2020
110 Minuten

Bildrechte: DISNEY ENTERPRISES
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Im Fernsehen gesehen abgelegt und mit , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar