SPACE JAM 2 – A NEW LEGACY

Space Jam 2 - Copyright WARNER BROS– Bundesstart 15.07.2021

Manchmal ergibt sich die nicht ganz vorteilhafte Notwendigkeit, Vergleiche zwischen Original und Nachfolger anzustellen. Michael Jordan hatte seine Karriere bei den Chicago Bulls 1994 für beendet erklärt. Der Erfolg von ROGER RABBIT lag einige Jahre zurück, die Idee für einen ähnlichen Animation- und Live-Hybriden geisterte weiterhin durch die Filmwelt. Und so trafen sich zwei Komponenten, die schon für sich genug Bewunderer hatten und wenig an besonderen Zutaten benötigten. Die Gesellen mit und um Bugs Bunny sowie die lebende Basketball-Legende Jordan sind uramerikanische Institutionen, so wie die Sportart und die Cartoons von Warner für sich. Das erforderte kein High-Concept, sondern das, was das Publikum von beiden erwartete. In seiner naiven Ehrlichkeit wurde SPACE JAM zum vielleicht nicht erfolgreichsten, aber mit Sicherheit beliebtesten Sportfilm in Amerika. Und dieser Ruf ist noch heute generationenübergreifend. Selten können sich erwachsene Männer und kleine Kinder bei einem filmischen Erlebnis näher sein.

Anstelle eines verrückten Zeichentrick-Außerirdischen, ist es 25 Jahre später ein selbstbestimmter Algorithmus im Server-Zentrum des Hollywood-Riesen Warner Bros. Hier nennt man es Server-verse, weil alle Studios mittlerweile ein -verse haben. Universal und das Monsterverse, oder DC und Marvel mit ihren Cinematic Universes, oder Sony mit dem Spider-verse. Das hört sich zuerst lustig an, und klingt nach einem guten parodistischen Seitenhieb. Aber innerhalb weniger Filmminuten hat es sich schon so abgenutzt, dass man es eigentlich nicht mehr hören möchte.

Ähnlich ergeht es mit den Namen Warner, der bei jeder noch so unpassenden Gelegenheit eingebaut ist. Es war bestimmt eine selbstironische Referenz, zumindest im Ansatz, doch ebenso schnell klingt es nur noch nach Selbstbeweihräucherung und Markenbildung für junge Zuschauer. Weit besser gelungen ist die Idee des herrschsüchtigen Algorithmus, der sich fortan Al G. Rhythm nennt. Der entführt Baskeball-Star LeBron James und zwingt diesen zu einem Basketball-Spiel mit und gegen Figuren die allesamt im Server-verse von Warner Bros‘ Archiv gespeichert sind.

Wohlmeinende Menschen könnten nun auf die Idee kommen, dass jede Generation ein Space-Jam-Denkmal mit ihrer Basketball-Legende verdient hätte. 25 Jahre vorher hätte es keine Alternative zu Michael Jordan gegeben. Und es war schon deshalb ein Leichtes, weil SPACE JAM ein unbekümmertes Spaßprojekt war, dass tatsächlich ohne weiterreichende Absichten aus guter Laune heraus umgesetzt wurde. Heutzutage kaum noch vorstellbar. Was man aber dem damaligen Film heute noch anmerkt und seinen Ruhm verdient macht. Und das es heute leicht verschobene An- und Absichten gibt, sieht man daran, dass dieses Projekt umgehend 1996 in erste Vorplanungen ging. Ein Agentenfilm hätte ein JAM werden können, irgendwann redete man einmal von Eishockey, dann von Baseball, und sogar NASCAR wurde in die Planung aufgenommen.

Geradezu genial sind die Sequenzen in welchen LeBron sein Team wählen soll. Unterstützt von Bugs Bunny gibt es einen Diskurs durch viele Welten die Warner im Katalog hat. Spieler aus GAME OF THRONES wären nicht schlecht, King Kong ist zu mächtig, vielleicht würden sich Batman oder Superman erweichen lassen. Aber Bugs lehnt auch Figuren aus Harry Potter oder Casablanca ab, schließlich will er mit seinesgleichen das Match gewinnen. Zum Beispiel Lola Bunny, die man aus einem Wonder Woman Comic heraus holt. Da steckt sehr viel Liebe zum Detail in den einzelnen Sequenzen, wenn es der Cartoon Yosemite Sam es für die Original Ingrid Bergman noch einmal spielt, in nostalgischen Schwarzweiß und verschmutztem Bild. Oder wie LeBron im Gryffindor Outfit den goldenen Snatch fängt.

Space Jam 2 a - Copyright WARNER BROS

Doch vorher muss man sich durch eine aufgesetzte und längst abgedroschene Abfolge von moralischen Versatzstücken quälen. Der missverstandene Sohn und der fürsorgliche Vater mit falsch gesetzten Wertvorstellungen. Hatte man schon so oft, aber selten so künstlich und naiv dargestellt. In der Beziehung zwischen Vater und Sohn passt aber auch gar nichts was emotional ansprechend wäre. Das ist umso bedenklicher für die Auflösung, denn das Ende ist bereits mit den Einstiegsszenen vorher zu sehen. Noch schlimmer, es kümmert nicht, weil Tiefe fehlt und eine Bindung zu den Figuren überhaupt nicht besteht.

Das Spiel selbst nimmt dann einen geringeren Raum ein als man erhoffen würde. Außer einem ganz besonderen Korb den LeBron einst geworfen hatte, und mit Lola Bunny nachgestellt wurde, hält sich die Spannung sehr in Grenzen. Man ist ohnehin abgelenkt von den Heerscharen an Publikum, wo man meint fast alle Figuren aus dem Film-, Fernseh- und Comic-Archiv von Warner zu erspähen. Pennywise aus IT und die Gang von UHRWERK ORANGE irritieren dabei am stärksten.

Eine starke Abflachung des Spannungsbogen hat aber auch damit zu tun, dass die Macher im absoluten Irrglauben einen kapitalen Fehler begingen. Ein Update von Al G. Rhythm verwandelt die anfangs liebevoll original gezeichneten Looney Tunes in dreidimensionale Figuren mit Licht, Schatten und Textur. Das sind sicherlich nicht Daffy Duck, Sylvester oder Elmer Fudd wie man sie kennt. Sie verkommen zu zeitgeistig gehaltenen Anbiederungen an ein Kino das glaubt besser, schlauer und technisch überlegener zu sein. Doch es fehlt Herz. Und Herz kann man nicht mit Algorithmen, Visuellen Effekten oder Marketing generieren.

Nach eigenem Bekunden hat LeBron James diesem Projekt zugesagt, weil er seit seinem zwölften Lebensjahr überzeugt ist, SPACE JAM wäre einer der besten Sportfilme. Da wäre interessant, wie Sportler in zwanzig Jahren A NEW LEGACY einschätzen.

Space Jam 2 b - Copyright WARNER BROS

 

Darsteller:
LeBron James, Don Cheadle, Cedric Jones, Khris Davis, Sonequa Martin-Green, Ceyair J Wright, Harper Leigh Alexander u.a.

Stimmen:
Jeff Bergman: Bugs Bunny, Sylvester, Yosemite Sam, Fred Flintstone, Yogi Bear
Eric Bauza: Daffy Duck, Porky Pig, Foghorn Leghorn, Elmer Fudd, Marvin the Martian
Zendaya: Lola Bunny
Gabriel Iglesias: Speedy Gonzales
Candi Milo: Granny
Bob Bergen: Tweety Bird
Rosario Dawson: Wonder Woman
und andere

Regie: Malcolm D. Lee
Drehbuch: Juel Taylor, Tony Rettenmaier, Keenan Cooper, Terence Nance, Jesse Gordon, Celeste Ballard
Kamera: Salvatore Totino
Bildschnitt: Bob Ducsay
Musik: Kris Bowers
Produktionsdesign: Akin McKenzie, Clint Wallace, Kevin Ishioka
United States / 2021
115 Minuten

Bildrechte: WARNER BROS.
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