25 Jahre und 9 Filme nach „Piraten“ versucht sich Roman Polanski erneut im komischen Bereich. Weder „Piraten“ noch „Gott des Gemetzels“ sind wirklich Komödien, doch zumindest bei Letzterem sind die Figuren stets zu nah an einer tragischen Wirklichkeit, als dass man ihnen nur mit Humor begegnen kann. Als 2006 Yasmin Rezas Stück „Gott des Gemetzels“ Uraufführung fand, wurde es umgehend zum Bühnenklassiker. Und es beinhaltet alle Versatzstücke, welches ein Stück, das keine Komödie ist, zu einem lustig-unterhaltsamen Programm macht. Man kennt die Figuren, man kennt ihre Ausreden, ihre Klischees, ihre Heucheleien und sogar ihre Routinen. Der Schauwert hält sich mit dem Fremdschämfaktor die Waage. Dem Menschsein nicht auf den Mund geschaut, aber tief in die Seele. „Gott des Gemetzels“ ist keine menschliche Tragödie, sondern die Entblößung einer Gesellschaft.
Der Film beginnt, wie es für die Figuren besser als Schluss gedient hätte. Nachdem sich ihre beiden elfjährigen Söhne geprügelt hatten, einigen sich die Elternpaare Penelope und Michael Longstreet sowie Nancy und Alan Cowan auf die einvernehmliche Aussage gegenüber der Schulbehörde, dass alle Missverständnisse geklärt seien und man sich zivilisiert des Themas angenommen habe. Der Zwischenfall soll vergeben und vergessen sein. Nancy und Alan Cowan sind bereits im Fahrstuhl, als das erste unvorsichtige Wort von Seiten der Longstreets fällt. Was folgt ist eine wilde Demontage von zivilisiertem Verhalten und falscher Freundlichkeit. Ehrlichkeit wird auf einmal zu einer Waffe und Selbstbeherrschung zum Fremdwort. Das eigentliche Thema ist schnell vergessen. Die Konfrontationen nehmen immer bizarrere Formen an, die auch paar-übergreifend eskalieren. Gegen Ende heißt es jeder gegen jeden, bis alles gesagt ist, auch wenn man nichts davon sagen und erst recht nichts hören wollte.
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