BATTLESHIP versenkt sich selbst

„I’ve got a bad feeling about this“. Die legendäre Harrison-Ford-Phrase ist immer wieder einen Auftritt wert. Wie der Wilhelm-Scream hallt der alte Han-Solo-Spruch als aufrichtige Verbeugung immer wieder durch die Mainstream-Kinos. Selbst wenn eigentlich Luke Skywalker den Spruch in EPISODE IV zuerst beanspruchte. Wobei George Lucas diesen Satz auch nur aus 2001: A SPACE ODYSSEY zitiert haben könnte. Das nur nebenbei, weil es über BATTLESHIP sowieso nicht viel zu sagen gibt.

Wenn bei BATTLESHIP der Satz fällt, jemand habe ein sehr ungutes Gefühl bei der Sache, nachdem eine offensichtlich außerirdische Macht zwei Kriegsschiffe in ordentlichen Explosionen in nichts aufgelöst hat, dann ist das bezeichnend für das, was der Film für den Zuschauer bereithalten wird. Als Disney PIRATES OF THE CARIBBEAN ohne jeden Bezug zu der beliebten Fahr-Attraktion aus Disneyland machte, hat das auch funktioniert. Bei BATTLESHIP gab es wenigstens noch vier karierte Blätter und zwei Bleistifte als Vorlage, und das machte das Projekt letztendlich zu einer enorm spannenden Sache. Im Übrigen auch die einzig spannende Frage während des Film überhaupt, ob es das alte Kritzel-Spiel in seiner ursprünglichen Form mit auf die Leinwand geschafft hat. Der Rest ist voraussehbares Effekte-Kino, nach allen Regeln aller bekannten und bereits x-fach abgelutschten Invasionsfilme.

Es ist alles vorhanden. Der vermeintliche Loser mit sehr viel Potenzial, die vermeintlich unlösbaren Hindernisse, die vermeintlich unbesiegbaren Außerirdischen, der vermeintlich miesepetrige Vorgesetzte, der vermeintlich konkurrierende Fremde und natürlich der vermeintlich nie zu schlagende Countdown. Die Kriegsschiffe sind gigantisch, die Außerirdischen noch gewaltiger. Die Effekte sind atemberaubend überirdisch, die Handlung unfassbar unterirdisch. Was an Logiklöchern und günstigen Zufällen zusammengetragen wurde, ist selbst für sinnbefreites Popcorn-Kino zu viel. Selbst als der Zerstörer des Helden die Schiffbrüchigen eines anderen Zerstörers aufnimmt, scheint es nicht mehr als zehn Leute an Bord zu geben. Telefonieren ist unter der Käseglocke, welche die Aliens über den Pazifik gespannt haben, unmöglich. Es sei denn, man trifft zufällig auf einen Technik-Nerd und dieses eine Telefonat bestimmt den Ausgang des Films. Warum nützt die volle Feuerkraft einen Schlachtschiffes nichts gegen die fremden Raumschiffe, aber zwei Karabiner erfüllen den Zweck? Und welcher Captain schickt bei einem Angriff die Frau vom Waffenleitstand auf eine Drei-Mann-Erkundungsmission? Und überhaupt, warum posiert Robyn Rihanna Fenty in wirklich jeder Einstellung, als würden nicht Aliens die Welt erobern wollen, sondern tausend Fotografen sie auf dem Laufsteg ablichten?

Taylor Kitsch mit Regisseur Peter Berg (v.l.)

Regisseur Peter Berg hat selbst mit diversen Fernsehepisoden verschiedener Serien wesentlich intelligentere Geschichten realisiert. Aber man muss ihm zugestehen, dass er das wirklich schwache Drehbuch der Hoebers zu nehmen wusste, um das daraus zu machen, was das Projekt retten konnte – eine einzige Superlative. Nach einer schnellen, zugegebenermaßen sogar humorvollen Exposition der Charaktere und der zügig erklärten Ausgangssituation für die Gründe der Invasion gibt Berg in Inszenierung und Tempo richtig Gas. Es wird geschossen, gebombt, geflucht und gestorben. Beim Schiffe versenken ist jede Explosion gewaltiger als die vorangegangene. Dass man BATTLESHIP nicht als das geistige Desaster wahrnimmt, welches es in Wirklichkeit ist, kann man den nicht enden wollenden Gefechten, Schießereien, Explosionen und noch mehr Explosionen zuschreiben. Leider sind bei der Ausarbeitung die Aliens etwas zu kurz gekommen. Raumschiffe und Außerirdische sind nicht sonderlich originell umgesetzt und zeigen keine neuen Ansätze, wie man sich Leben von einem fremden Planeten noch vorstellen könnte. Dafür kracht es ordentlich und ohne Unterlass. Man verliert im Abspann sehr schnell den Überblick, wie viele Effekt-Firmen unter der Federführung von ILM tatsächlich dafür sorgten, dass sogar verwöhnteste Spektakelfreunde im Kino noch zum Staunen gebracht werden können.

Die Darsteller sind attraktiv, präsentieren sich allerdings eher talentfrei. Auch das hat Regisseur Berg schon besser gemacht. Allen voran Rihanna, die sich, wenngleich sehr ansehnlich, doch auf das Singen beschränken sollte. Liam Neeson bekommt einfach zu wenig zu tun, als dass er das Niveau heben könnte. Doch Hand aufs Herz, es ist eigentlich vollkommen egal, weil allein das Drehbuch schon dafür gesorgt hat, dass der Film überhaupt nicht ernstgenommen werden kann. Dafür gibt er ordentlich was auf die Ohren und Augen, dass einem Hören und Sehen vergeht. Schade, wenn bei einem Multimillionen-Dollar-Projekt so viel Wert auf die visuelle Ausgestaltung gelegt wird, jeder positive Aspekt des Films aber umgehend in anderen Belangen mit hanebüchener Schlamperei ausgehebelt wird.

So wird BATTLESHIP zu einem dieser kollektiven Erlebnisse, wo man sich gepflegt mit Bier und Popcorn zurücklehnen kann und es den Unterhaltungsfaktor eher hebt, wenn Zwischenrufe und lautstarke Kommentare die Ereignisse auf der Leinwand begleiten. Aber am Ende nichts weiter bleibt. Hoffentlich lernt man daraus, wenn zum Beispiel MENSCH ÄRGERE DICH NICHT umgesetzt wird. In Amerika heißt dieses Spiel Patcheesi, kommt eigentlich aus Indien und wurde im 6. Jahrhundert erfunden. Na, das ist doch ein Hintergrund, mit dem man arbeiten kann.

Darsteller: Taylor Kitsch, Brooklyn Decker, Tadanobu Asano, Jesse Plemons, Gregory D. Gadson, Hamish Linklater, Liam Neeson, Alexander Skarsgard, Rihanna u.v.a.
Regie: Peter Berg
Drehbuch: Erich Hoeber, Jon Hoeber
Kamera: Tobias A. Schliessler
Bildschnitt: Colby Parker, Billy Rich, Paul Rubell
Musik: Steve Jablonsky
USA / 2012
zirca 131 Minuten

Bildquelle: Universal Pictures
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