PIRANHA 3DD ohne richtigen Biss

Hier ist ein Film, der hält, was er verspricht. Ein paar Piranhas und viel mehr Doppel-D. Es war einfach zu erwarten, dass Alexandre Ajas PIRANHA 3D eine Fortsetzung herausfordern würde. Kein Film dürfte dem verwöhnten Splatter-Freund in den letzten Jahren mehr Spaß bereitet haben, gibt es doch genügend brutale Schocker, die dann auch nur über ihre grimmig-düstere Atmosphäre funktionieren. Da kam das Remake des 78er-Kassikers genau richtig, welches sich letztendlich nur den Titel holte und auf das Recycling der Story verzichtete. Zur Zufriedenheit eines begeisterten Publikums, und dies in fantastischem 3-D. Keine zwei Jahre später lag die Fortsetzung in den Startlöchern, aber irgendwie wollte den Film keiner haben. 3DD machte lediglich gern gesehene Abstecher auf diversen Horror- oder Fantasy-Festivals. In Deutschland erlaubt sich das Fantasy Filmfest, dem Interessierten die absurden Abenteuer um gefräßige Fische auf die große Leinwand zu bringen. Denn ein Verleiher fand sich für Deutschland nicht. So wird das Fantasy Filmfest wieder seinem hervorragenden Ruf gerecht, ein Herz für verstoßene Leinwand-Perlen zu zeigen, bevor sie ohne Gnade auf DVD und Blu-ray verheizt werden. Ob es hingegen der Grusel- und Horror-Freund dem FFF danken wird, PIRANHA 3DD doch so sehen zu dürfen, wie er ersonnen war, das bleibt abzuwarten.

Nach einem kurzen Rückblick auf die Ereignisse am Lake Victoria geht es schnellstens zu einem neuen Wasserpark. Viel Spaß für Jung und Alt und der speziellen Abteilung ‚Big Wet‘, wo Jung und Alt keinen Zutritt haben. In Big Wet sind nicht nur die Becken nass, sondern kümmern sich Models mit Körbchengröße DD als Bademeisterinnen um die Belange der Schwimmer, wenn sie sich nicht gerade oben ohne in der Sonne räkeln. Maddy ist entsetzt, was sich ihr Stiefvater Chet da ausgedacht hat. Aber Maddy gehören nur 49 Prozent Anteile am Wasserpark, somit ist sie von vornherein von Chet überstimmt. Maddy ist das junge Ding, welches in Filmen wie diesen die Klischee-Rolle der Jungfrau übernimmt. Sie ist also die Besonnene, wird sich diversen Gefahren aussetzen müssen und am Ende doch überleben. Zum Sterben sind genug andere da. Und als Maddy feststellt, dass das Wasser für den Wasserpark aus dem mit Piranhas verseuchten Lake Victoria kommen könnte, sind die Weichen zum Terror schnell gestellt.

Man muss dem Film zugestehen, dass er einige nette Effekte zeigt, welche die Bluthunde im Publikum zufriedenstellen dürften. Es wird viel und originell gestorben. Leider ist der Einsatz von CGI häufig zu offensichtlich. In seinem Bemühen, die Fortsetzungsformel einzuhalten, legt 3DD einen ordentlichen Zahn zu. Und scheitert daran. Was teilweise an absurden Ekelszenen geboten wird, ist schlichtweg übertrieben. Wer gedacht hat, dass die legendäre Penis-Szene aus dem ersten Teil schwer zu überbieten ist, dem sei versichert, dass die hier erdachte Übersteigerung die einzig wahre, nicht zu überbietende Sequenz ist. Aber richtig komisch ist das alles nicht, sondern fordert stellenweise nur Kopfschütteln heraus. Viel zu grotesk sind die Einfälle, um einen sinnbefreiten, losgelösten Spaß zu generieren.

Fehlender Spaß trifft auch auf die nicht vorhandene Handlung und die nicht existente Dramaturgie zu. Dass man für die Rolle des David Hasselhoff dann auch David Hasselhoff gewinnen konnte, ist nur auf den ersten Blick ein Glücksgriff. Die Demontage seiner selbst spiegelt sich in Situationen wieder, die selbst alle Klischees erfüllen, wenn sich ein ausgedienter Altstar selbst durch den Kakao ziehen lassen will. Zudem machen die Sets von 3DD immer den Eindruck, als wäre auf engstem Raum gedreht worden und verschiedene Settings in denselben Kulissen entstanden. Kameramann Alexandre Lehmann schafft es nicht, die Größe und Weite eines Wasserparks auch nur annähernd vorzutäuschen, was wahrscheinlich auf einen Mangel an Statisten zurückzuführen ist oder tatsächlich an Platzproblemen scheiterte.

Mainstream-Kino darf sich immer das Privileg gönnen, Sinn und Verstand auszuschalten. Dabei sind aber Regeln zu beachten. Der Spaß darf nicht ausarten, nur um des Spaßes willen produziert worden zu sein. Diesen Eindruck macht PIRANHA 3DD in allen seiner 83 Minuten. Splatter? Je mehr, desto besser, aber in einem angemessenen Kontext. Groteske Szenerien, wie etwa die explodierende Kuh (!) sollten sich erklären, und nicht um des Schauwertes einfach passieren. Produzenten müssen zuerst ihre Zuschauer ernstnehmen, bevor sie sich selbst zu ernst nehmen und glauben, intelligenter als ihr Publikum zu sein. PIRANHA war ein Erfolg, weil Alexandre Aja die Funktionen des Spannungskinos nicht außer Acht gelassen hat. Sich nur an den Versatzstücken zu bedienen, reicht bei weitem nicht aus, was aber PIRANHA 3DD versucht, dem Zuschauer vorzugaukeln.

Dafür gibt es massenweise Naheinstellungen von Doppel-D-Oberweiten, mit etwas Stoff, lieber auch ohne Stoff, mal mit Wasser benetzt, aber immer sonnengebräunt. Aber auch das wirkt sehr fehl am Platz, weil es wie eine verstohlene Pupertätsfantasie eingestreut ist, und nicht zu einer Spur einer versauten Provokation bereit ist. Das Potenzial für einen ordentlichen Knaller voll Blut, Gekröse und Sex ist vorhanden, aber keiner der Beteiligten hat das angemessen umgesetzt. Der Spaß hätte ein großartiger werden können. Dass PIRANHA 3DD keinen Verleiher gefunden hat, wird angesichts des Ergebnisses offensichtlich. Trotz allem muss man dem Fantasy Filmfest dankbar sein, dass sie einem wenigstens die Chance geben, PIRANHA 3DD so zu sehen, wie der geneigte Cineast ihn auch zu sehen wünscht. Selbst, wenn ihn das Resultat nicht überzeugen sollte.

Darsteller: Danielle Panabaker, Matt Bush, Chris Zylka, David Koechner, David Hasselhoff, Katrina Bowden, Jean-Luc Bilodeau, Meagan Tandy und Ving Rhames u.a.
Regie: John Gulager
Drehbuch: Patrick Melton, Marcus Dunstan, Joel Soisson
Kamera: Alexandre Lehmann
Bildschnitt: Martin Bernfeld, Devin C. Lussier, Kirk Morri
Produktionsdesign: Ermann Di Febo-Orsini
USA / 2012
zirka 83 Minuten

Bildquelle: Dimension Film / Sunfilm Entertainment
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Im Kino gesehen veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar