„Ich war der König, und du der Prinz …“

Es war eine Rivalität, die Chronisten gerne damit in Zusammenhang bringen, beide hätten eine gleichermaßen schlechte Kindheit durchlebt. Beide sind ohne ihren leiblichen Vater groß geworden, das ist wahr. Doch damit hatte es sich schon an Ähnlichkeiten. Was eine schlechte Kindheit und eine ebenso missratene Jugend anging, hatte zumindest hier Terrence Stephen McQueen die Nase weit vorne. Während Yuliy Borisovich Briner, trotz abwesenden Vaters, in wohlbehüteten Verhältnissen aufwuchs. Geprägt durch die harten Lehren einer Alkohol kranken Mutter und wechselnden, ständig prügelnden Stiefvätern, mit einem Leben auf der Straße und Bandendiebstählen, blieb Steve McQueen ein Leben lang ein Getriebener. Fixiert darauf, von niemanden abhängig zu werden, und in allem was er tat, der Beste zu sein. Selbst als er in nur fünfzehn Jahren zum höchstbezahltesten Schauspieler der Welt aufgestiegen war.

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Es war der letztendlich mit dem Namen Yul Brynner bekannt gewordene Schauspieler selbst, der bei DIE GLORREICHEN SIEBEN Regisseur und Produzent John Sturges dazu drängte, den vielversprechenden Steve McQueen zu besetzen. Eine erfüllte Forderung, welche der Star aus DER KÖNIG UND ICH und DIE ZEHN GEBOTE noch während der Dreharbeiten, und für lange Zeit danach bitter bereuen würde. Steve McQueen wollte DIE GLORREICHEN SIEBEN nicht wegen der Rolle selbst machen, sondern um davon zu profitieren. Der, der am meisten auffallen und im Gedächtnis bleiben wollte, trotz eines Steve Yul 4dominierenden Charakterkopfes wie Brynner an seiner Seite. Das der ehrgeizige Steve seinerzeit einen Autounfall in Boston hatte ist unbestritten. Das er diesen Unfall absichtlich herbeigefahren hat, um im Krankheitsfall aus seinem Vertrag für die Fernsehserie JOSH – WANTED: DEAD OR ALIVE heraus zu kommen, hört sich schon eher nach Legendenbildung an. Die Produzenten der Western-Serie wollten McQueen für DIE GLORREICHEN SIEBEN einfach nicht gehen lassen, aber was der Schauspieler haben wollte, war er gewohnt, sich zu holen. So beteuerte zumindest Steve McQueens erste Ehefrau Neile Adams, er habe den Wagen mit Absicht gegen die Steinwand einer Bank gefahren. Mit einer Halskrause zurück in Los Angeles, entließ man Steve aus seinem Vertrag, und er konnte bei John Sturges zusagen.

Steve McQueen war unverschämt, aber nicht dumm. Ihm war vollkommen klar, dass er gegen die Popularität von Brynner nicht ankommen würde. Doch was er bereit war zu tun, um den eigenen Bekanntheitsgrad zu steigern, nennt man im Filmgeschäft unfein etwas, dass man mit Selbstberührung umschreiben würde. In jeder Szene, in der Yul Dialoge hatte, oder präsent im Vordergrund sein musste, tat Steve etwas entgegen der Regieanweisungen im Hintergrund, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers vom Hauptdarsteller auf sich zu lenken. In seiner Biografie erzählt Eli Wallach viel mehr amüsiert als empört, wie Yul Brynners Geduld mehr und mehr auf die Probe gestellt wurde. Den anderen Mitwirkenden entging das Verhalten von Steve natürlich nicht, welcher damit auch nicht versuchte hinter dem Berg zu halten. War die Kamera auf Yul fokusiert, spielte Steve wie nebenher mit seinem Hut, oder überprüfte mit klickernden Geräuschen die Schrottkugel bevor er seine Flinte lud.

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Die Anwesenden erzählten, wie McQueen bei einer Flussdurchquerung unvermittelt vom Pferd sprang, Wasser trank und dann wieder das Pferd bestieg, um ganz normal weiter zu reiten. Brynner soll ihn an dieser Stelle endlich einmal mit den Worten gemaßregelt haben, „wenn du nicht endlich damit aufhörst, nehme ich meinen Hut ab. Und niemand wird mehr auf dich achten.“ Kenner des Königs von Siam wissen Bescheid. Zudem war dieser König geringfügig kürzer in Körperstatur als seine Mitspieler, weswegen er sich immer kleine Sandhügel auf seiner Bildposition zusammen schob, um als eigentlicher Held auch etwas erhabener gegenüber seinen Kameraden zu wirken. Wann immer es McQueen möglich war, zerstörte er diese kleinen Hügel bevor die Kameras liefen. Das aber Steve ein wirklich tiefergreifenderes Problem hatte beschreibt sein wirklicher Freund und Co-Star Robert Vaughn in seiner Biografie. Der junge Heißsporn holte in einmal aus dem Bett, um sich absolut verärgert darüber zu beschweren, Brynners Revolver wäre wesentlich größer und auch noch mit Ebenholzgriff. Dazu sein Pferd, er hätte ein größeres Pferd. Robert widersprach, „nein, ICH habe das größte Pferd“. Die Entgegnung von Steve war laut Vaughn, „deins interessiert mich überhaupt nicht. Es ist Yuls …“

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Das Verhalten von Steve McQueen am Set trug natürlich Früchte, ganz nach Hollywood-Standard. Die Nebendarsteller machten sich einen Spaß und kleine Wettbewerbe daraus, McQueen nachzueifern. Produzent und Regisseur Sturges bekam es regelrecht mit der Angst zu tun, weil ihm nach und nach die Kontrolle über seine Schauspieler entglitt. Doch das Endresultat spricht für sich. Des einen Leid, des anderen Freud.
Dafür dauerte es zwanzig Jahre, bis Steve McQueen und Yul Brynner wieder miteinander sprachen. McQueen war bewusst, dass die GLORREICHEN SIEBEN der Grundstein zu seinem Weltruhm war. Er rief Yul an, schließlich hatte dieser darauf bestanden Steve für den Film zu besetzen. Die Entschuldigung für sein Verhalten während der Dreharbeiten wurde wohlwollend aufgenommen. Wie Biografen beider Seiten festhielten, entgegnete Brynner in amüsiert gütlicher Weise: „Ich war der König, du der rebellische Prinz. Beide sehr fürstlich … aber gefährlich sich mit ihnen anzulegen.“

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Bildquellen: MGM / Public Domain
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