GUARDIANS OF THE GALAXY Volume 3

Guardians 3 - Copyright MARVEL– Bundesstart 03.05.2023

Beim Abspielen der dritten Ausgabe von GUARDIANS OF THE GALAXY schwebt unablässig eine bedrohlich dunkle Wolke. Irgendwann wird auch dieser Film vom gigantischen Überbau der größten Filmreihe aller Zeiten aufgesogen, ordentlich umgewälzt, und wieder ausgespuckt. ANT-MAN erging es so, und hat QUANTUMANIA einer eigenständigen Identität beraubt. Doch James Gunn, Vater der filmischen Guardians-Adaption, ist kompromisslos was seine Geisteskinder betrifft. Der Filmemacher nahm für seine Ideale sogar einen Rauswurf in Kauf, bei dem das Studio letztendlich einknickte. Der Tod von Gamora, der großen Liebe des Star-Lord Peter Quill, war ein Zugeständnis an das große Ganze des MCU. Aber Gunn relativiert mit diesem Film diesen Umstand mit zwei Halbsätzen, fast wie Bruce Banners Blip mit den Infinity Steinen. Einfach um seine eigene Vision zu Ende zu bringen. Die Vision einer in sich geschlossenen Geschichte seiner besonderen Helden. Die bedrohlich dunkle Wolke verzieht sich ziemlich schnell.

Bei einem Vergeltungsschlag wegen der seinerzeit gestohlenen Energiezellen, überfällt der Sovereign Adam Warlock das Hauptquartier der Guardians, kann aber von Nebula in die Flucht geschlagen werden. Zurück bleibt ein lebensgefährlich verletzter Rocket Racoon, dem wegen eines organischen ‚Notausschalters‘ nicht geholfen werden kann. Die Guardians müssen in die lebendige Raumstation Orgosphere eindringen, um Rockets genetische Baupläne vom Hohen Evolutionär zu stehlen, ein von sich selbst zum Gott erhobene Wissenschaftler. Dazu muss man aber erst den durchweg betrunkenen Star-Lord nüchtern bringen.

Eine erzählerische Kunst in den ersten Minuten des Films, sind die unterschwelligen Erklärungen für unbedarfte Quereinsteiger, die in Text und Handlung so raffiniert eingewoben sind, dass sie eben nicht wie Erklärungen wirken. Aber gleichzeitig haben Freunde und Nerds nie das Gefühl über Umstände informiert zu werden, die längst verinnerlicht sind. Es ist ein sehr selten gewordenes Geschick bei Mainstream-Regisseuren, subtil zu erinnern, anstatt zu aufdringlich belehren. Und das führt letztendlich zu einem wesentlich homogeneren Zusammenhang der über acht Jahre gestreckten drei Teile, und lässt diese wie aus einem Guss wirken.

Eine weitere, nunmehr sehr selten zu genießende Kunst zeigt James Gunn im konzeptionellen Aufbau. So ist VOLUME 3 eine dramaturgisch stimmige Weiterführung in der Trilogie (die schon jetzt zu den besten Trilogien im Mainstream-Kino zählt), mit all den gegebenen Ansprüchen der Steigerung in allen beliebten Elementen. Es ist aber auch ein Film der perfekt für sich alleine steht. Das ist natürlich zuerst dem Genius des James Gunn zu verdanken (der bei allen Huldigungen an dieser Stelle, eine umstrittene Person in der Branche bleibt). Dicht gefolgt von dem Umstand, dass Phase Vier des MCU keinen Einfluss auf den grundsätzlichen Inhalt nimmt.

VOLUME 3 hat so viel Gutes, aber auch etwas Schlechtes. Er ist oftmals sehr düster, und manchmal auch bösartig. Der Ton ist anders als bei den zwei Vorgängern, und die werbetechnische Ankündigung ‚der letzten großen Reise‘ wird atmosphärisch spürbar. Nach wie vor sind die Helden unglaublich witzig, eine Humorspitze reiht sich an die nächste, mal unterschwellig, mal ein Hauch von Klamauk, meist aber treffsicher und passend. Aber bei den Guardians verkommt der Humor nie zum Selbstzweck. Und der Witz ergibt sich entsprechend naturalistisch aus den sorgsam ausgearbeiteten Zeichnungen der jeweiligen Figuren.

Guardians Galaxy 3 - Copyright MARVEL

 

Doch es ist auch alles möglich, was die Inszenierung stets durchscheinen lässt. Nicht nur mit Star-Lords trunksüchtigem Absturz, oder Rocket Racoons möglichem Ableben, sondern das auch ein bewohnter Planet willkürlich gesprengt wird. Wobei in der zweigeteilten Handlung die Linie mit dem Rückblick auf Rockets Ursprung deutlich die Oberhand behält. Es ist schwer zu verdauen, was der Film hier als Zeichen setzt, und verstärkt sich emotional dadurch, dass hier die Labortiere reden können. Doch der Film wird in seiner Aussage weder aufdringlich, noch schwingt er die moralische Keule. Was in seiner Zurückhaltung noch intensiver wirkt.

Über die Darsteller gibt es nichts zu berichten, was Fans und Freunde nicht ohnehin schon an ihnen liebgewonnen haben und zu schätzen wissen. Aber Zoe Saldana hat den Umständen entsprechend besonders an offensiver Energie zugelegt, wie man sie seit COLOMBIANA nicht mehr so rigoros erleben durfte. Bei allem Überschwang muss allerdings die Kritik erlaubt sein, dass der Hohe Evolutionär und somit treibende Bösewicht, nicht nur viel zu dünn beschrieben ist, sondern Chukwudi Iwuji ihn auch nicht würdig darzustellen versteht. In entsprechenden Szenen ist Gunn viel mehr auf Rockets Persönlichkeit fixiert, anstatt dem Evolutionär notwendige Aufmerksamkeit zu schenken.

Dafür erweisen sich die Designer wieder einmal als starke und überzeugende Helden, die mit der organischen Raumstation Orgosphere ein Gedicht von Einfallsreichtum auf die Leinwand bringen. Aber auch der Waffenleitstand der Sovereign überrascht an Originalität, woraus sich wirklich witzige Sequenzen ergeben. Es sind genau diese gewichtigen Details, mit denen die GUARDIANS ihre Vormachtstellung bei Marvel behaupten. Erst am Ende mischen sich die Karten soweit, dass ein neues Spiel beginnen kann, bei dem auch das Marvel Cinematic Universe ein gutes Blatt bekommt. Bis dahin wurde in dieser Trilogie um einen Einsatz gespielt, der ganz allein von Guardians gesetzt wurde, ohne Bluff oder gezinkte Karten.

Damit ist VOLUME 3 frei und unbeeinflusst wie kein anderer Film in Phase Vier, oder überhaupt ein Marvel-Film der letzten fünf Jahre. Was sich in diesem Fall dann auch noch auf VOLUME 2 bezieht. Natürlich gibt es Unmengen an Querverweisen und Zitaten. Doch die sind in erster Linie Service für die Fans, und dann auch selbsterklärend, aber keine notwendigen Wissenselemente für Verständnisfragen. Ja, man könnte zusammenfassend sagen, dass GUARDIANS OF THE GALAXY VOL. 3 ein extrem unterhaltsamer und fast perfekter Film ist. Größte Vorsicht ist für Quereinsteiger dennoch geboten, es ist trotz allem immer noch ein Sciene-Fiction-Fantasy-Abenteuer – mit einem sprechenden Waschbären. Allerdings hat Star Lord Peter Quill sehr einfache Worte dafür: „No matter what happens next, the galaxy still needs its Guardians.“

Guardians 3 a - Copyright MARVEL

Darsteller: Chris Pratt, Zoe Saldana, Dave Bautista, Bradley Cooper (Stimme), Karen Gillan, Pom Klementieff, Elizabeth Debicki, Sylvester Stallone, Will Poulter, Vin Diesel (Stimme), Maria Bakalova (Stimme), Sean Gunn u.a.
Regie & Drehbuch: James Gunn
Kamera: Henry Braham
Bildschnitt: Greg D’Auria, Fred Raskin
Musik: John Murphy
Produktionsdesign: Beth Mickle
USA / 2023
150 Minuten

Bildrechte: MARVEL
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