Ein wunderbarer Blick auf BARNEYS VERSION

Foto:DPA

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Er ist alt. Er ist sonderlich. Und er ist verbittert. Wenn wir Barney Panofsky kennenlernen, erfahren wir augenblicklich, dass er kein angenehmer Zeitgenosse ist. Er kann nicht ertragen, seine ehemalige Frau an einen anderen verloren zu haben. Barney Panofsky ist Filmproduzent mit eigenem Studio, einer also, dem man alles zutrauen kann. Wenig später erfahren wir, dass ein windiger Inspektor ein Buch über Barney geschrieben hat, in dem er ihn mit einem Mord ohne Leiche in Verbindung bringt. Und die fünf Minuten, die wir Barney nun schon kennen, lassen uns überzeugt davon sein, das Barney Panofsky durchaus das Zeug dazu hätte, nicht nur einen Mord zu begehen, sondern diesen auch zu verschleiern.

Regisseur Lewis und Autor Konyves kommen wie ihre titelgebende Figur vom Fernsehen. Die Geschichte überzeugt mit ihrem leichtfüßigen Humor, der von ihren stimmigen Figuren transportiert wird. Die Regie hingegen geht etwas zu brav an die Inszenierung und verlässt sich allzu offensichtlich auf das Können ihrer Darsteller. Zum Glück wiedersteht Lewis wenigstens der Möglichkeit zum großen Drama. Und Guy Dufaux liefert dazu schnörkellose Bilder, die unaufgeregt die Geschichte erzählen, aber kaum unterstützen oder gar eine weitere Erzählebene hinzufügen. Aber ‚Barneys Version‘ hat etwas ganz Besonderes zu bieten, und das sind seine Darsteller. Das Ensemble um den großartigen Paul Giamatti zeigt ehrliche und greifbare Figuren. Keine vollkommen überdrehten Charaktere, sondern glaubhafte Sonderlinge.

Nachdem wir Barney Panofsky schon in den ersten fünf Minuten als Mörder akzeptiert hätten, beginnt uns die Titelfigur in Rückblenden ihre Sicht auf das eigene Leben zu gewähren. Und tatsächlich gab es einen Barney Panofsky, der in seiner Durchschnittlichkeit überhaupt nicht auffiel. Erst nach und nach sind es all die verrückten und skurrilen Menschen aus seinem Umfeld, die ihn selbst so verrückt und skurril werden lassen. Doch mit einem herzerwärmenden Traum hangelt sich der anfängliche Unsympath durch die Niederrungen seines eigenen Lebens.

Dieser Film ist bei weitem kein Muss, aber niemand wird diesen Ausflug in ein anderes Leben bereuen. Vor allem bekommt man mit Adrien Morots phänomenalen Make-up-Künsten die überzeugendsten Alterungsprozesse zu sehen, die ein Film bisher gezeigt hat. Ganz starke Darsteller geben das Beste mit ganz fantastisch gezeichneten Figuren, mit denen man schmunzeln und auch lauthals lachen kann. Und vielleicht denkt man dabei auch mal an sich selbst. Wo, warum und wie haben wir uns eigentlich verändert? Wenn wir Barney Panofsky kennenlernen, erfahren wir augenblicklich, dass er kein angenehmer Zeitgenosse ist. Doch am Ende hoffen wir, dass sich sein Traum erfüllen wird.

Darsteller: Paul Giamatti, Rosamund Pike, Minnie Driver, Rachelle Lefevre, Scott Speedman, Bruce Greenwood, Saul Rubinek und Dustin Hoffman
Regie: Richard J. Lewis – Drehbuch: Michael Konyves – Kamera: Guy Dufaux – Bildschnitt: Susan Shipton – Musik: Pasquale Catalano – Maske: Adrien Morot – Produktionsdesign: Claude Pare
USA / 2010 – zirka 132 Minuten

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