BluRay-Tipp: THE LAST DAYS

LOS ÚLTIMOS DÍAS – seit 2. Mai 2014 auf DVD / BluRay

Diese Besprechung liegt der spanischen Sprachfassung zu Grunde

Last-Days-1, Copyright Capelight Pictures / Warner Bros.Wer über keine Dauerkarte für das Fantasy Filmfest verfügt, sondern aus Zeitmangel sorgsam auswählen muss, dem kann der ein oder andere Schatz durchaus verborgen bleiben. Dazu gehört die spanische Produktion LOS ÚLTIMOS DÍAS von den Brüdern David und Àlex Pastor, die schon den Festival-Liebling CARRIERS geschrieben und inszeniert haben. Somit wahrlich Eigenverschulden, wenn besagter Film einem durch die Großbild-Lappen ging. In Deutschland ohne Kinoverleih, wie in vielen anderen Ländern auch, ist er nun für das Heimkino erhältlich. Und dieser Film enttäuscht bestimmt die wenigsten Genre-Freunde. Ein Horrorfilm, der wie ein perfekt konstruiertes Drama funktioniert. Und gleichzeitig psychologische Studie, die eine abgründige Gesellschaftsform herauf beschwört. Man kann noch einiges mehr in den Topf werfen, aber so richtig lässt sich THE LAST DAYS deswegen noch lange nicht kategorisieren. Und er will es auch gar nicht. Zumindest beweist auch dieser Genre-Film, dass die überraschendsten Horrorfilme immer wieder aus Spanien kommen.

Eine rätselhafte Pandemie breitet sich auf der Welt aus. Immer mehr Menschen, die sich im Freien aufhalten, werden von derartigen Panikattacken heimgesucht, dass sie innerhalb kürzester Zeit regelrecht vor Angst sterben. Sicherheit scheint nur in geschlossenen Räumen möglich. Zuerst werden nur vereinzelte Schicksale bekannt, doch dann häufen sich Opferzahlen. Das eigentlich glückliche Paar Marc und Julia, überwirft sich ausgerechnet in dieser seltsamen Phase, noch dazu als es um die Frage des Nachwuchses geht. Als die Menschen in Barcelona begreifen, nicht mehr aus den Häusern zu können, oder sich nur unterirdisch in der Stadt bewegen zu können, ist es für Marc und Julia fast zu spät. Im Streit getrennt, wird es für Marc zu einer fast unlösbaren Aufgabe, seine große Liebe in der Stadt ausfindig zu machen, um sie zurück zu gewinnen.

Ja, auch das kommt noch hinzu, dass THE LAST DAYS eine sehr intensive Erfahrung über die Liebe ist. Aber in erster Linie ist es ein erstaunlich perfekt durchdachtes Szenario, mit extrem spannender Inszenierung. Dabei überraschen die Pastor-Brüder mit erfrischend neuen, und genialen Gedanken, die eine derartige Endzeitstimmung mit sich bringen könnte. Da ist als Beispiel der Schutzwall aus Einkaufswägen in einem Supermarkt. Kein großes Ding mag man meinen, aber es hat durchaus einen überzeugenden Aha-Effekt. Oder als sich zwei Gruppen in einem U-Bahn-Tunnel begegnen, die einen mit Fackeln, und die anderen mit Taschenlampen. Die mit Taschenlampen sind aber Raucher, ohne Feuerzeug, da kommen Fackeln gerade recht. All diese Kleinigkeiten, welche die Brüder Pastor einfließen lassen, schaffen eine eindringliche Atmosphäre, die immer den Hauch des Realen atmet.

Last-Days-2, Copyright Capelight Pictures / Warner Bros.Ist THE LAST DAYS im eigentlichen Sinne ein Horrorfilm, spielt er sehr wenig mit den obligatorischen  Elementen dieses Genres. Eine Brise Drama, etwas wohlsortierte Action, ein bisschen Thriller, und fein durchdachte Psychostudie. Der Mix mag befremdlich klingen, ist aber außerordentlich gelungen und unglaublich spannend inszeniert. Trotz einem geschätzten Budget von 5 Millionen Euro, kann man fast nicht glauben, eine billige europäische Produktion zu sehen. Die sehr gut platzierten Effekte der Außenaufnahmen der Firma Telson sind schlicht gesagt genial, und werten den Film zu wirklich großem Kino auf. Aber auch Daniel Aranyòs Bilder die hauptsächlich das Geschehen in geschlossenen Räumen zeigen, besitzen die notwendige Intensität, um Handlung, Ausstattung, Sets und Inszenierung zu einem homogenen Ganzen zu führen.

Mit dem eindringlichen Spiel der, leider fast selbstverständlich, kaum bekannten Gesichtern, gewinnt der Film eine zusätzliche Spannung in seinem Verlauf. Die Autoren- und Regie-Combo hat sich allerdings auch etwas ganz Besonderes für Quim Guiérrez als Marc und Julia, gespielt von Marta Etura, ausgedacht. Dazwischen steht der skrupellose Enrique, den José Coronado mit diabolischer Undurchsichtigkeit verkörpert. Wer über den Tellerrand von bekannten apokalyptischen Szenarien und klischeebeladenen Horror-Geschichten sehen möchte, darf diesen Film nicht unbeachtet lassen. Zusammengefasst hat er eine sehr originelle Geschichte, ausgezeichnete Darsteller, perfekte visuelle Effekte, überragende Details, ein stringent dichtes Tempo, und alles in allem eine einnehmende, weil glaubhaft überzeugende Atmosphäre. Ein Horrorfilm, der eine andere Sichtweise herausfordert, welche ihn letztendlich bestätigen wird. Eine Schande, das kein deutscher Verleiher diesen doch so offensichtlichen Schatz für das Kino heben wollte.

Last-Days-3, Copyright Capelight Pictures / Warner Bros.

Darsteller: Quim Guiérrez, José Coronado, Marta Etura, Leticia Dolera, Mikel Iglesias u.a.
Regie & Drehbuch: David Pastor, Àlex Pastor
Kamera: Daniel Aranyò
Bildschnitt: Martí Roca
Musik: Fernando Velázquez
Produktionsdesign: Balter Gallart, Nuria Muni
Spanien / 2013
zirka 102 Minuten

Bildrechte: Capelight Pictures / Warner Bros.
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