BODIES BODIES BODIES

Bodies BB - Copyright SONY PICTURES RELEASING– Bundesstart 20.10.2022

Sieben Freunde verbringen in einem abgelegenen Landhaus ein Wochenende. Ein Unwetter zwingt sie nach drinnen. Und weil auch noch der Strom ausfällt, und keine Langweile aufkommen soll, beschließen sie ein Spiel zu spielen. Einer wird geheim als Mörder auserkoren, und die anderen müssen herausfinden, wer es ist. Bald gibt es aber ein echtes Opfer, und das müsste doch jedem der in den letzten Jahren einmal im Kino war, ziemlich bekannt vorkommen. Die Jugendlichen in einer einsamen Hütte. Oder ein bekanntes Spiel, aus dem tödlicher Ernst wird. Das eine, oder das andere, oder eben auch im Mix. Wem ist das denn nicht geläufig? Den Genre-Freunden wird es kein müdes Lächeln abringen. Sarah DeLappa ist Drehbuch-Debütantin, und für die niederländische Schauspielerin Halina Reijin ist es die dritte Regiearbeit, aber die erste amerikanische Produktion.

Es wird immer besser, werden sich die Kenner denken. Sind es nicht die unerfahrenen Anfänger, die von gewitzten Finanziers ausgewählt werden, um das schnelle Geld mit altbewährten Formeln zu generieren? Sollte dies bei BODIES BODIES BODIES so gewesen sein, haben DeLappa und Reijn diesen Produzenten einen absurden Strich durch die Rechnung gemacht. Dieser Film ist originell, witzig, raffiniert durchdacht, scharfsinnig inszeniert, und überzeugt durch raffinierte Spielereien mit Versatzstücken.

Das Wichtigste vorweg. BODIES möchte nie mehr sein, als die pure Unterhaltung. Er will nicht cleverer sein als andere Filme dieser Art. Halina Reijn konzentriert auf den Kern ihres Films, und bürdet sich nicht mehr auf, als dem Film gut tun würde. Intelligente Kommentare gehen ohnehin meist in die Hose, und sind dem Besucher der Mitternachtsvorstellung meist auch ein Dorn im Auge. Ein Haus, sieben Freunde, ein Mord, und viele Opfer. Mehr braucht es eben auch nicht, wenn es gut gemacht ist. Und BODIES ist gut gemacht.

Ein langer, sehr intensiver Kuss zwischen zwei Frauen ist als Eröffnungsszene ein klares, aber das einzige Statement. Wenn sich der Kreis der Sieben schließt, hält sich BODIES nicht viel mit Erklärungen auf. Man bemerkt eine aufgesetzte Freundlichkeit und nervöse Zurückhaltung. In der ersten halben Stunde werden die Karten gemischt, und sie werden sehr gut gemischt. Anders als bei ähnlichen Filmen, ist schon die Exposition der Figuren Dank der exzellenten Darsteller spannend.

Aber entgegen der Erwartungen, ist die Ausführung der Charaktere hier noch lange nicht abgeschlossen. Die wirklichen Feinheiten werden im Laufe des blutiges Spieles offengelegt. Und daraus zaubert Reijn ein Feuerwerk an Ideen und Möglichkeiten für die Zuschauer, die Nonstop am rätseln gehalten werden. Ständig wechseln die Perspektiven und Hinweise, wer der Mörder sein könnte. Und wer es sein könnte, ist im nächsten Moment Opfer. Die Inszenierung lässt dabei keine Luft, das Tempo ist grandios.

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Aber Autorin DeLappe und die Regisseurin nutzen einen Kniff, der die Spannung so konstant hält. Keine ihrer Figuren ist wirklich sympathisch. Es gibt mit Sophie und Bee zwei Hauptfiguren, aber auch die erscheinen mit offensichtlich hinterhältiger Freundlichkeit. Dadurch wird es für das Publikum relativ, wer als nächsten sterben muss. Das macht den Film offen in alle Richtungen bei denen die Zuschauenden nicht auf eine Person fixiert werden. Es ist alles, mit allen, zu jeder Zeit möglich.

Mit dem augenblicklich finanziell stärksten Namen, ist Maria Bakalova als Bee lediglich Köder für falsche Fährten. Doch auch das löst sich zügig in Wohlgefallen auf, um das Rätselraten mit raffiniert hinterhältigen Hinweisen eine weitere Stufe nach oben zu bringen. In dieser mit Spannung und Grusel vollgepackten Inszenierung fliegt Jasper Wolfs Kamera förmlich durch die Zimmer, um die Darsteller, die Treppen hinauf und hinunter. Wolf ist Halina Reijns Stammkameramann, wenn man das nach drei Filmen schon sagen darf.

Die Kamera weiß immer wo sie sein muss, fängt unscheinbare Gesten ein, erwischt mimische Anspielungen, lässt die Schauspieler erotisch oder einfach abgewrackt aussehen. Wolf schafft mit seinen ständigen Bewegungen eine sehr packende Dynamik. Die endlos scheinende Anzahl von Treppen die hinauf geflüchtet oder hinunter gejagt werden, ist eine klare Reminiszenz an das dumme Horrorfilm-Klischee, demnach ein vermeintliches Opfer immer nach oben flieht. Die Bilder bestimmen die eindringliche Atmosphäre des Films.

Was dem Film allerdings nicht gelingt, ist eine räumliche Orientierung. Das Haus ist zweifellos einer der Darsteller, wenn nicht der Hauptdarsteller. Schließlich macht es den schauerlichen Wahnsinn erst möglich, der so effizient serviert wird. Aber der Wechsel zwischen den Settings wirkt manchmal beliebig, weil die Zuschauer nicht abschätzen können, wer sich wo befindet. Es wäre wirklich die Cocktailkirsche obenauf gewesen, hätte Halina Reijn noch mit den räumlichen Gegebenheiten und Distanzen gespielt.

Starke Darsteller mit glaubhaft verabscheuungswürdigen Rollen, und ein außerordentlicher Handlungsaufbau mit erstklassig durchdachten Offenbarungen und Verstrickungen. Durch die intensive Inszenierung wird BODIES BODIES BODIES zu einer wohltuenden Ausnahme im eigentlich mit Slashern gesättigten Markt. Mit schrägem Humor und einer guten Prise Zynismus bekommt der Film noch einmal extra deftige Würze. Wobei die überraschende Wendung am Ende der wahre Killer ist. Und wer sagt, er hätte diesen Ausgang schon erahnt, der lügt.

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Darsteller: Amandla Stenberg, Pete Davidson, Rachel Sennott, Chase Sui Wonders, Maria Bakalova, Lee, Pace, Myha’la Herrold, Conner O’Malley
Regie: Halina Reijn
Drehbuch: Sarah DeLappe
Kamera: Jasper Wolf
Bildschnitt: Julia Bloch, Taylor Levy
Musik: Disasterpeace
Produktionsdesign: April Lasky
United States / 2022
94 Minuten

Bildrechte: SONY PICTURES RELEASING
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