Drive-In: MAGIC

– Bundesstart 16.03.1979

Magic - Copyright 20th CENTURY FOXAls Magier wird es Corky nicht sehr weit bringen. Die Bühne ist nicht sein Element, er ist nervös, hat keine Bühnenpräsenz, und seine Kartentricks sind altbacken. Sein Mentor Merlin, einst ein gefeierter Zauberkünstler, durchschaut Corkys Lügen vom Erfolg auf der Bühne und der Bindung zum Publikum. Er rät ihm sich neu auszurichten. Einige Zeit später ist Corky der Star auf den Kleinkunstbühnen, noch immer mit missratenen Kartentricks, aber kommentiert von seiner Bauchrednerpuppe Fats. Mit offenen und vulgären Sprüchen begeistert Fats das Publikum. Corky selbst bleibt der verschüchterte Mann ohne Profil. Als der Erfolg zu viel wird, flüchtet Corky mit Fats zu einer alten Freundin.

Gruselfilme und Thriller sind eigentlich keine Filmkategorien, in denen Richard Attenborough bisher aufgefallen ist. Weder in seiner Profession als Schauspieler seit 1942, oder in den drei vorangegangenen Filmen, bei denen er Regie geführt hat. DIE BRÜCKE VON ARNHEIM ist ein sensationelles Spektakel, welches 25 Millionen Dollar gekostet hat. Für MAGIC standen Richard Attenborough lediglich 7 Millionen Dollar zur Verfügung. Der Kriegsfilm-Erfolg ist von William Goldman geschrieben worden. Der Erfolg hat Attenborough und William Goldman wohl zusammengeschweißt. Außerdem ist der Drehbuchautor Oscarpreisträger für ZWEI BANDITEN – BUTCH CASSIDY AND THE SUNDANCE KID, sowie DIE UNBESTECHLICHEN – ALL THE PRESIDENTS MEN. Goldman beherrscht also viele Filmgattungen, da war für ihn die Umsetzung seines eigenen Romans nur eine Fingerübung.

Magic 1 - Copyright 20th CENTURY FOX

Für den aufstrebenden Waliser Anthony Hopkins ist die Rolle des Corky die erste wirkliche Hauptrolle. Richard Attenborough hat mit Hopkins schon in BRÜCKE VON ARNHEIM zusammengearbeitet, und sein Talent für eine tragende Rolle wohl richtig eingeschätzt. Eigentlich spielt Hopkins zwei Rollen. Denn auch wenn Fats nur unterbewusste Charaktereigenschaften von Corky verbalisiert, werden sie im Film zu zwei grundverschiedenen Figuren. Das nimmt oft sehr unheimliche Züge an. Während Hopkins den duckmäuserischen Corky mimisch darstellen kann, muss er die Bösartigkeit von Fats lediglich über die Stimme wiedergeben. Eine Aufgabe die Anthony Hopkins mit gruseliger Bravour meistert. In einer Szene übt Corky das Bauchreden mit seiner Puppe vor einem Spiegel. Der Schauspieler fällt sich dabei immer wieder selbst als jeweils anderer Charakter ins Wort, verspricht sich als Fats, flucht aber als Corky. Es ist eine Passage die Gänsehaut verursacht.

Auf der Flucht vor dem Erfolg, kommt Corky in einer Hütte unter, die von seiner ehemaligen Schulfreundin Peggy Ann und deren Mann vermietet wird. Dass der schüchterne Mann immer mit seiner Puppe in Erscheinung tritt, empfinden die meisten als liebevolle Marotte. Aber Fats übernimmt in Wirklichkeit immer mehr die Kontrolle. Er ist es auch, der Corky einredet, dass Peggy Ann die Frau seines Lebens ist. Doch da wäre ihr Ehegatte Duke im Weg. Und auch Corkys Manager, der unvermittelt in den Bergen auftaucht, bereitet Schwierigkeiten. Dem Regisseur Attenborough gelingt es schon von Anfang an, eine beunruhigende Atmosphäre zu erzeugen. Erst im weiteren Verlauf beginnt sich mit der Wandlung von Corky auch die Spannung zu intensivieren. Aber das liegt weniger an der Regie, als an der Entwicklung von Corky und Fats. Es wirft sich die Frage auf, ob die Puppe nicht vielleicht doch ein Eigenleben besitzt.

Magic 3 - Copyright 20th CENTURY FOX

 

Lange Zeit weiß man nicht, ob Fats ein übernatürliches Phänomen ist, oder das Eigenleben der Puppe nur eine psychologische Störung von Corky darstellt. MAGIC gewinnt dadurch eine besondere Eigenschaft, weil er sich weder als Horrorfilm noch als Psychodrama festlegen lässt. Es ist eine Ausgestaltung des Gruselfilms, die im aktuellen Trend immer mehr an Bedeutung verlieren könnte, wenn junge Filmautoren zu drastischeren und direkteren Mitteln im Horrorkino tendieren. MAGIC zeigt sich von aktuellen Trends aber unbeeindruckt, was er sich durch seinen starken Hauptdarsteller auch erlauben kann. Wobei Ann-Margret in der Rolle von Peggy Ann als starker Gegenpart die unvorhersehbaren Ereignisse noch gruseliger gemacht hätte. Doch das Drehbuch hat die Figur viel zu lethargisch beschrieben, und Ann-Margret kann das auch nicht für sich nutzen. Sie enttäuscht mit einer uninteressanten Leistung, die den Frauenrollen nicht gerecht wird, welche gerade bei anderen Horrorfilmen immer wieder die Handlung bestimmen.

Auch in der visuellen Umsetzung ist MAGIC nicht sehr aufregend. Viktor Kemper ist ein Kameramann, der viel mehr Wert auf natürliche Atmosphäre legt, anstatt auf eigenwillige Bilder. Lediglich mit der Puppe Fats sind kurze Einschübe von Kameraspielereien zu sehen, die eine unheilvolle Stimmung erzeugen. Dasselbe gilt für Richard Attenboroughs Regie, die in weiten Teilen einer klassischen Erzählstruktur folgt, wo an markanten Stellen viel mehr von der persönlichen Note des Regisseurs angebracht wäre. Zum Beispiel ist der zeitliche Sprung vom ersten niederschmetternden Auftritt Corkys, zum umjubelten Bühnenstar sehr ungewöhnlich, aber hervorragend gelungen. Es sind eben einzelne Details, die MAGIC zu einem einprägsam schaurigen Horrorstreifen machen. Dank des außergewöhnlichen Anthony Hopkins, geht der Film immer wieder unter die Haut. Ein Darsteller, den man im Auge behalten sollte. In der Gattung des Gruselfilms hat sich Richard Attenborough als Regisseur gut geschlagen, aber DIE BRÜCKE VON ARNHEIM hat bewiesen, dass ihm das ausschweifende Epos viel näher liegt.

Magic 2 - Copyright 20th CENTURY FOX

 

Darsteller: Anthony Hopkins, Ann-Margret, Burgess Meredith, Ed Lauter, E.J. André, Divid Odgen Stiers u.a.
Regie: Richard Attenborough
Drehbuch: William Goldman
Kamera: Victor J. Kemper
Bildschnitt: John Bloom
Musik: Jerry Goldsmith
Produktionsdesign: Terrence Marsh
USA / 1978
107 Minuten

Bildrechte: 20th CENTURY FOX
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